„Alles, was wir brauchen, um gesund zu bleiben, hat uns die Natur geschenkt“, sagte einst der Priester Sebastian Anton Kneipp (1821 – 1897). Im 19. Jahrhundert nutzte er die Heilkraft der Natur für seine Kneipp-Medizin. Diese „heilende“ Natur gibt es auch im bayerischen Altmühltal. Hier können Touristen schöne Landschaften, urzeitliche Fossilien sowie viele Rad- und Wanderwege finden.
Das Altmühltal liegt in der südlichen Mitte Deutschlands und erstreckt sich vom bayerischen Leutershausen in der Region Mittelfranken in den Südwesten bis hin nach Kelheim in Niederbayern. Der Fluss Altmühl gab dem Tal seinen Namen. Das Wasser des Flusses ist sauber und fließt langsam, sodass es viele Flussschwimmbäder gibt. Der große Naturpark Altmühltal zeichnet sich durch seine wertvollen Fossilien in den vielen Steinbrüchen aus. Die hügelige Naturlandschaft mit ruhigen Buchenwäldern und Wacholderheiden ist ideal für Radtouren, Wanderungen und Kletterausflüge.
Beliebt bei Geotouristen
Seit 1860, als die ersten Fossilien des heute als Urvogel bekannten Archaeopteryx in der Nähe des Ortes Solnhofen gefunden wurden, ist das Altmühltal bei Geotouristen sehr beliebt. Die Fossilien lassen sich in den Kalkschichten der Region finden. Zahlreiche Urzeittiere bewohnten vor 147 Millionen Jahren das Gebiet des heutigen Altmühltals. Es war damals eine subtropische Wasserlandschaft. Als die Ammoniten, Dinosaurier und Flugsaurier starben, sanken ihre Körper auf den Meeresgrund. Nach und nach versteinerten ihre Schalen und Knochen. Heute lassen sich die Lagerstätten dieser Fossilien erkunden, zum Beispiel in den Steinbrüchen, wo es den bekannten Solnhofener Plattenkalkstein gibt.
Zeugnisse der Erdgeschichte und Jurahäuser
Die Museen im Altmühltal leisten einen wichtigen Beitrag zur Dokumentation der Erdgeschichte. Über 900 fossile Zeugnisse der urzeitlichen Tier- und Pflanzenwelt sind in den Museen zu sehen. Eine besonders große Sammlung von Fossilien bietet das Jura-Museum Eichstätt. Architektonisch sehenswert sind die Jurahäuser in der Region. Bei ihrem Bau wurden der regionale Kalkstein genutzt und für das Dach Kalksteinplatten. Der Kalkstein aus dem Altmühltal ist das einzige Material, das sich für Lithografien im Steindruckverfahren eignet. Diese Technik wurde 1798 von Alois Senefelder (1771 – 1834) mittels Solnhofener Kalksteinplatten entwickelt.
Dialekte und Menschen im Altmühltal
Das Altmühltal liegt hauptsächlich in Mittelfranken und weniger in Ober- und Niederbayern. Deshalb werden in der Region die Dialekte Ostfränkisch und Nordbairisch gesprochen. So sagen die Einheimischen im Ostfränkischen zum Beispiel „Glaad“ für „Kleid“ und „braat“ für „breit“ oder im Nordbairischen „Schou“ für „Schuh“ und „grouß“ für „groß“. Der Charakter der Menschen im Altmühltal ist durch den Gegensatz von Stadt und Land geprägt: Während die Landbewohner als hilfsbereit und gastfreundlich gelten, werden die Stadtbewohner als zurückhaltend beschrieben.
Regionale Küche
Auf der Speisekarte des Altmühltals stehen viele regionale Spezialitäten. Vor allem Lachsforellen und Karpfen aus den Flüssen Altmühl und Donau, frisches Obst und saftiges Gemüse, traditionell gebrautes Bier, aromatische Kräuter und süßer Honig sind Köstlichkeiten der Region. Eine regionale Besonderheit ist das Fleischgericht Altmühltaler Lamm, denn auf den Wacholderheiden gibt es noch viele Schäfereien. Die saubere Natur des Altmühltals garantiert die hohe Qualität der regionalen Produkte.
Die Sage von der Teufelsmauer
Das Altmühltal war im ersten Jahrhundert nach Christus die Grenze zwischen dem Römischen Reich und Germanien. So bauten die Römer zwischen den Flüssen Rhein und Donau den Obergermanisch- Raetischen Limes. Über dieses Bauwerk gibt es die Sage von der Teufelsmauer: Der Teufel soll einmal Gott gefragt haben, ob er ein Stück Land auf Erden haben dürfe. Gott gab ihm die Erlaubnis, aber nur unter einer Bedingung: Der Teufel bekomme nur so viel Land, wie er in einer Nacht mit einer Mauer umzäunen könne. Aus Gier versuchte der Satan ein besonders großes Stück Land zu ummauern, wurde aber bis zum nächsten Morgen nicht fertig. Wütend ließ der Teufel die Mauer halbfertig stehen. Diese Sage ist entstanden, weil sich die Menschen im Mittelalter die besondere Größe des römischen Limes nicht erklären konnten.
Barockstadt Eichstätt
Die Stadt mit ihren rund 13 000 Einwohnern ist für ihre barocken Bauwerke und Plätze bekannt und wird auch Barockstadt genannt. Ein Beispiel dieser Architektur ist die Residenz an der Südseite des Eichstätter Doms. Die Kirche selbst wurde aber im Baustil der Hoch- und Spätgotik gebaut. In Eichstätt befindet sich die einzige katholische Universität im deutschen Sprachraum. In diesem Jahr war Eichstätt auch der Startpunkt für spezielle Wasserwanderungen, die zum 200. Geburtstag von Sebastian Anton Kneipp stattfanden. Der Naturmediziner wusste schon damals von der „heilenden“ Wirkung des Altmühltals und sagte: „Wer bemüht ist, sein eigenes Glück zu suchen, der ist auch den anderen dabei gern behilflich.“
Autorin: Elvira Metzler,
Redakteurin beim Journal „vitamin de“
Dieser Text stammt aus dem Journal „vitamin de“, Nr. 90